Die Macht der Gerüche
Einen guten Riecher hat, wer nicht nur mit Geschmack zu begeistern weiß, sondern seine Gäste auch mit Düften betört. Gerüche können Gäste beeinflussen. Aber wie?
Noch immer sorgen die kleinen Flakons für großes Aufsehen. Dieses Mal ist es ein Speck-Parfum. Serviert wird der Duft schon vor dem eigentlichen Gang – eine Variation vom Pinzgauer Speck. Für den Hausherren und Küchenchef Andreas Mayer zählen die Düfte zu seinen Gerichten seit 2009 zum viel beachtetem Standard-Repertoire. Um die 250 unterschiedliche Düfte hat man im Schloss Prielau in Zell am See in den vergangenen acht Jahren kreiert. Mit einem Ziel: „Über die Nase und somit also über den Geruchssinn können wir Emotionen stärker wecken als über den Geschmack.“
„Düfte wecken Erinnerungen“, sagt auch der deutsche Geruchsforscher Hanns Hatt. „Das liegt daran, dass unsere Nase über den Riechkolben direkt mit zwei wichtigen Hirnbereichen verbunden ist – dem Gefühlszentrum sowie dem Erinnerungszentrum. Auf diese Weise wird im Gehirn ein Duft immer mit der Situation und den jeweiligen Gefühlen zusammen abgespeichert. Immer wenn wir den Duft wieder riechen, wird dieses Paket erneut aufgeschnürt und wir empfinden die Stimmung von damals und erinnern uns an Bilder und Töne. Dadurch sind manche Düfte positiv besetzt, andere negativ.“

Immer mehr Gastronomen setzen auf Gerüche. Als Paradebeispiel gilt der amerikanische Spitzenkoch Grant Achatz: In seinem Restaurant „Alinea“ in Chicago aromatisiert er manche Gerichte zusätzlich über den Geruch und setzt seinen Gästen eine Art nostalgisches Essen vor, das sie sinnlich, emotional und mental anspricht. Er konserviert etwa den Duft von Thymian in einem Luftkissen, auf dem das dazugehörige Gericht serviert wird. Der Gast sticht das Kissen auf und langsam zieht der Kräuter-Duft in die Nase – eine perfekte Harmonie zum Gericht. Oder: Achatz kreiert aus Apfel-Aroma essbare Luftballons, die der Gast einsaugt. Ein Hauch von Nichts, aber mit Apfel-Geschmack.
Die Steuerung des Gastes
Kann man Gäste mit Gerüchen auch beeinflussen? Kann man sie leiten? Tatsächlich hat es in diese Richtung bereits Untersuchungen gegeben. Vor allem zwei Ergebnisse sind spannend: Beim Duft von Vanille unterhalb der Wahrnehmungsschwelle wird das Essen generell als positiver bewertet als bei neutralem Geruch. Und bei Pfeffergeruch neigen die Gäste dazu, mehr zu trinken.
Der österreichische Sensoriker Klaus Dürrschmid forscht regelmäßig zu Gerüchen in Verbindung mit Lebensmitteln. Interessante Details, die auch für die Gastronomie eine Rolle spielen können, verrät er über den Zusammenhang von Gerüchen mit Emotionen: Zitronen-Duft verbinden die meisten mit Freude, ebenso gilt das für Vanille, Erdbeere und Zimt. Mit dem Duft von Curry wird dagegen ein Gefühl der Überraschung ausgelöst. Mit diesem Wissen können Köche bewusst Emotionen bei ihren Gästen erzeugen.
Die Nase ist durchaus in der Lage sehr komplex zu unterscheiden. Jedenfalls komplexer als die Zunge. Die jüngsten Zahlen dazu kommen aus New York, wo Wissenschaftler an der Rockefeller University herausgefunden haben, dass die Nase mehr als eine Billion Gerüche wahrnehmen und unterscheiden kann. Bisher ging man von 10.000 Gerüchen aus.

Eine Branche, die schon lange mit der Verführung von Düften spielt, ist die Hotellerie – im speziellen die Luxushotels. Beispiele gibt es genügend. „Four Seasons“ setzt in einigen seiner Hotels – so zum Beispiel auch in seiner Dependance in Prag – auf eine Duftmischung aus Vanille, Weihrauch sowie Moschus. „Ambre du Népal“ nennt sich der Duft aus dem Hause „Maitre Parfumeur et Gantier“, den Gäste auch als Souvenir mit nach Hause nehmen können. Die Ruby-Hotels zum Beispiel gingen noch einen Schritt weiter und haben ihren Duft sogar gemeinsam mit Schlafforschern kreiert. An der noblen Pariser Adresse „Costes“ ist der Hotelduft auch als Mitbringsel in unterschiedlichen Flakons beliebt. Dieser Duft setzt sich zusammen aus einer Mischung aus Wacholder, Koriandersamen, Rosenholz, Weihrauch, Moschus, Lorbeer, weißer Pfeffer und Lavendel. Das alles hat ein Ziel: Es soll vertraut wirken und den Verkauf anfeuern.