Fidesser: Bei der Maschinenlese fehlt uns das Menschliche
Am Weingut Fidesser wird seit jeher von Hand gelesen. Warum Sophie und Rudi Fidesser an dieser Tradition festhalten, schreiben sie hier auf KALK&KEGEL.
Warum greifen wir immer noch zur Leseschere, obwohl die flache Landschaft im Weinviertel laut Meinung anderer für die Maschinenlese prädestiniert ist? Bei uns in der Region sind wir eine Rarität, die Spinner, die sich 100 Prozent Handlese immer noch antun. Aber warum auch nicht? Die Lese ist unsere Hauptarbeit im Weinjahr – warum sollen wir sie durch Maschinen zur Nebensache verkommen lassen? Die Trauben sind unser Rohstoff, für den wir das ganze Jahr arbeiten, um ihn gesund zu halten. Indem wir die Trauben sehen, fühlen, riechen und schmecken, können wir doch die Qualität viel besser einschätzen. Klar ist die Lese eine intensive und vor allem lange Phase, für die man Energie braucht, aber das nehmen wir in Kauf. Für uns ist es eine der schönsten Arbeiten. Wir nennen die Zeit auch „Zeit zu reden“: Weil wir uns so lange gegenüberstehen und zu so viel Redestoff kommen, wie zu keiner anderen Zeit im Jahr. Bei der Maschienenlese ginge dieser menschliche Aspekt verloren; er würde uns fehlen.
Jede Hand ist wertvoll
Wir haben viele junge Erntehelfer, teils von weit her, für die die Lese zu einem Lebensgefühl wird. Sie sind bei uns voll ins Familienleben integriert, essen mit uns, schlafen bei uns. Die denken gar nicht daran, nach einem Tag im Weingarten nach Hause zu gehen, sondern wollen auch im Weinkeller dabei sein, wenn die Trauben mit den Füßen eingestampft werden. Mit jeder Maschine, die wir bewusst abdrehen, gewinnen wir Zeit für Kommunikation; Zeit für den sozialen Aspekt, der generell in der Biodynamie und speziell bei der Handlese eine große Rolle spielt. Mit dem Umstieg haben wir uns bewusst dafür entschieden – und werden auch weiterhin daran festhalten.