
So macht ihr aus dem vermeintlichen Underdog einen echten Star

Gemessen an der Verbreitung eine Rarität, bei der Beliebtheit aber ein Renner – das ist der Gelbe Muskateller. René Kollegger bringt seinen Gästen diese spezielle Rebsorte mit einer ungewöhnlichen Aktion nahe und macht eine überraschende Erfahrung: Wir können den Geschmack unserer Gäste nachhaltig prägen.
Ja, wir haben es wieder getan: Nach dem großen Erfolg im Vorjahr als wir unseren Gästen mit einer eigenen Welschriesling-Karte diese noch immer unterschätzte Rebsorte schmackhaft machen konnten, ist in diesem Jahr nun den Gelbe Muskateller an der Reihe. So präsentieren wir knapp 30 unterschiedliche Gelbe Muskateller zurück bis zum Jahrgang 1978. Und wieder zeigt sich, was eine solche Zuspitzung auf eine Rebsorte bei den Gästen auslösen kann.
Wohl nicht nur bei uns in der Steiermark wird der Muskateller oft stiefmütterlich behandelt: gespritzt getrunken, mit Eiswürfel serviert oder zum banalen Runterspülen des Backhendls. Und ja, das kann man alles machen, auch ein Muskateller-Spritzer hat seine Berechtigung und ich trink den selbst gerne. Die Zuspitzung auf ein Thema – bei uns nun eben der Gelbe Muskateller – sorgt aber dafür, dass sich die Gäste plötzlich intensiv und interessiert mit diesem Wein auseinander setzen.

„Das schmeckt ja gar nicht nach Muskateller!“ Ein Satz, den wir wohl alle schon (zu den unterschiedlichsten Rebsorten) gehört haben. Auch meine ersten Weine, die ich während meiner Lehrzeit getrunken habe, waren „Disco-Weine“, wie ich sie heute nenne: laut und vordergründig, plump und ohne Raffinesse. Und ja, ich habe sie geliebt. Bis zu jenem Tag als die Chefin einer kleinen Vinothek mit mir Erbarmen hatte und mir zeigte, dass es da abseits der Disco-Muskateller noch eine andere Welt gibt, die voller Finesse, voller Leichtigkeit und betörender Frucht ist.
Was ich damit sagen will: Anstatt zu schimpfen über das Unverständnis mancher unserer Gäste (und ja, wir alle tun das manchmal), sollten wir in der Sommelerie selbst aktiv werden und unseren Gästen jenes Wein-Erlebnis vermitteln, das auch uns nachhaltig geprägt hat. Eine eigene Karte, die eine Rebsorte in ihrer kompletten Vielfalt zeigt, ist dazu eine perfekte Möglichkeit. Diese Erfahrung haben zumindest wir gemacht.
Jahrgangstiefe
Wie habe ich nun also die Gelbe Muskateller Karte gestaltet? Es sind 13 unterschiedliche Winzer, von denen wir 27 Muskateller zeigen. Da wir in der Südsteiermark zuhause sind, gibt es natürlich einen Steiermark-Fokus. Der wichtigste Punkt meiner Meinung ist aber die Jahrgangstiefe, die unsere Spezialkarte so spannend macht. Der älteste Muskateller kommt aus unserem eigenen Hause: Maitz Gebietswein aus dem Jahr 1978, den wir um 78 Euro die Flasche anbieten. Ich habe diesen Wein erst vor kurzem getrunken und war fasziniert: eine erfrischende Säurestruktur, ein strahlender Körper, viel Würze und Kräuter – alles andere als „Disco“!

Die nächsten im Jahrgangs-Ranking sind die Gelben Muskateller von Sattlerhof (1982), Lackner-Tinnacher (1983) und FX Pichler mit den Smaragd-Jahrgängen 1992 und 1993. Leider nicht 1990. Denn der Gelbe Muskateller FX Pichler 1990 ist jener Wein, der mich heute noch berührt – eine gewaltige Vielschichtigkeit mit ungemeinen Fruchtaromen und Tiefe. Fantastisch.
Für mich ebenso zur absoluten Spitze zählen die Gelben Muskateller aus den Rieden Perz (Weingut Gross), Krois (Weingut Maitz), Steinbach (Weingut Tement), Steinriegl (Weingut Wohlmuth) oder dem Krepskogel (Weingut Erwin Sabathi) – um nur einige zu nennen. Auf keinen Fall darf man aber auf Andreas Tscheppe und seinen Schwalbenschwanz vergessen, der zu den spektakulärsten Muskatellern zählt, die Österreich zu bieten hat. Alle zu finden auf unserer Karte.
Genaue Herkunft unbekannt
Die uralte Rebsorte stammt übrigens aus dem Mittelmeerraum der Antike. Die genaue Herkunft ist unbekannt, wahrscheinlich Italien oder Griechenland. Generell zählt der Muskateller zu den ältesten Rebsorten überhaupt und existiert in zahlreichen Typen, besonders in Italien. Roter und Gelber Muskateller unterscheiden sich durch die Beerenfarbe. Der Gelbe Mukateller gehört zu Muscat Familie. Insgesamt gibt es 14 Arten in der Muscat Familie. Die Väter des Muskatellers sind übrigens Muscat Blanc a Petits Grains und Muscat of Alexandria.
Seit Ende des vorigen Jahrhunderts bis heute wird die Sorte vermehrt ausgepflanzt und hat zunehmende Bedeutung am Markt. Im Zeitraum von 1999 bis 2015 ist die Fläche in Österreich von 143 auf 864 Hektar angestiegen. Gemessen an der Verbreitung ist der Muskateller somit eine Rarität, in der Beliebtheit aber ein Renner.
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René Kollegger
Der Steirer war als Sommelier in den besten Häusern tätig wie zum Beispiel im Sternerestaurant Erbprinz in Ettlingen, im Tennerhof in Kitzbühel sowie in der Summer Lodge in Evershot, Südengland. Sieben Jahre lang prägte er als Sommelier das Genießerrestaurant Döllerer in Golling. Zuletzt war er Restaurantleiter bei Tom Riederer in St. Anna im Sausal. Im Weingut Maitz hat er nun eine neue Bleibe gefunden, bei der er sich neben dem Wirtshaus nun auch in die spannende Arbeit am Weingut einbringen kann.
