
Lodi, Napa und Sonoma: Kalifornische Weine entgegen aller Vorurteile
Wir kennen alle diese Regionen aus all den bekannten Gründen: Sonoma steht für „Cool Climate“-Perlen und Vielfältigkeit, Lodi verbindet man mit Massenproduktion und aus Napa kommen nur überteuerte Cabernet Sauvignons. Wie falsch ich nur lag!
Gerade komme ich aus Kalifornien zurück – aus Nord-Kalifornien, genauer gesagt. „California Wines“ hatte 5 Sommeliers und 5 Journalisten aus Deutschland eingeladen und uns einen Trip der Extraklasse organisiert: ein „Best of“ von Lodi und Napa bis Sonoma! Die neuen Erkenntnisse aus meiner Kalifornien-Reise zählen zu den krassesten Erfahrung meiner beruflichen Laufbahn. Ich hatte von einigen Regionen Kaliforniens ein komplett falsches Bild!
Lodi: Weg von der Massenproduktion
Lodi ist komplett im Wandel: Weg von der Überproduktion billiger Trauben und angepassten, leisen Weinen hin zu Winzern, die sich wirklich Mühe geben, die eigenen Weine auf die Landkarte der besten Sommeliers zu setzen. Die Bedingungen sind optimal: Erhöhte Sonneneinstrahlung, warme Durchschnittswerte sowie trockene Sommer- und Herbsttage bringen alle Voraussetzungen mit sich, um auf den Reben die besten Trauben wachsen zu lassen. Oak Farm Vineyard ist hier ein Name, den ihr euch merken solltet. Es ist eines jener engagierten Weingüter mit nachhaltig ökologischem Weinanbau, das die besten Trauben am richtigen Ort anpflanzt. Diese Weine zeigen, was in Lodi machbar und möglich ist: feine, fruchtige Weine mit einer großartigen Balance aus Alkohol und Säure.
Napa: 4 Millionen Dollar für 1 Hektar

Und dann: NAPA! Oh my god! Napa! Diese Weinregion hat mich fast um den Verstand gebracht. Napanook zu sehen, Inglenook, Robert Mondavi und Opus One zu besuchen, dazu noch Grgich, Beaulieu Vineyard und Louis Martini – ein Lebenstraum ist in Erfüllung gegangen!
Hinter die Kulissen zu blicken, hat mein Vorurteil über Napa relativiert, die Region aber auch demaskiert. Denn jetzt verstehe ich, was die Erfolgsstory von Napa- und Kalifornien-Weinen ausmacht. Die decken nämlich alles ab: Produziert werden Weine für reiche Amerikaner, für Leute, die keine Ahnung von Wein haben, für Leute mit Ahnung, bis hin zu Menschen, die nur 5 Dollar für eine Flasche Wein ausgeben wollen und können.
Und ich habe auch verstanden, warum diese Premium Weine so verdammt teuer sind: 1 Morgen (ca. 0,25 Hektar) kostet etwa 1 Million Dollar. Nahezu jedes Weingut kauft außerdem neue französische Fässer, das Stück für etwa 1000 Dollar. Die Weine benötigen Zeit, um zu reifen und ihr volles Potenzial auszubauen. Diese Zeit bekommen sie aber nicht: Weine, die älter als 5 Jahre sind, werden vom Durchschnitts-Amerikaner schon nicht mehr akzeptiert. Das ist aber genau jene Zeitdauer, die zum Beispiel ein Napa Cabernet Sauvignon benötigt, um ordentlich zu reifen.
Sonoma: Der Burgund auf den Fersen

Am aufregendsten war aber Sonoma: Wir haben die volle Vielfalt erlebt – Landschaft, Weinanbau, Stile. Anders als Napa und Lodi hat Sonoma, die Erwartung erfüllt. Die Region produziert majestätischen Wein. Der Unterschied liegt darin, dass Weinanbau hier keine Monokultur ist. Sonoma bietet extrem unterschiedliche Weine aus den unterschiedlichsten Trauben, von unterschiedlichsten Böden und Sub-Regionen. Pinot Noir und Chardonnay sind die feinsten Weine Sonomas – vom Russian River Valley bis zur Küste, vorbei an Los Carneros. David Ramey (Ramey Wein), James Hall (Patz) und Joseph Swan zeigen, dass dieses Gebiet dem Erzrivalen Burgund schon auf den Fersen ist.
Was gerne und oft auch vergessen wird: Kalifornien besitzt einige der ältesten Weinreben der Welt – Zinfandel. Lange wurde dieser Wein dem italienischen Primitivo zugeordnet, jetzt wird er aber eher mit dem kroatischen Tibridag verglichen. Diese Weinreben können mehr als 100 Jahre alt sein. Die Weingüter „Seghesio Family Vineyards“ und „Ridge Vineyards“ haben es geschafft, die Traube so zu interpretieren, dass der alte Kumpel Zinfandel ein finessenreicher Weltklassiker geworden ist!
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Berlins Lieblings-Franzose
Emmanuel (Spitzname Manu) Rosier, gebürtiger Franzose mit Gamay in den Adern, wie er sagt. Weil er von dort kommt, wo auch der Gamay herrührt. Aktuell wohnt und arbeitet Rosier in Berlin.
