Unser Job braucht Menschenkenntnis und Empathie

Wir müssen dem Gast Neues bieten

Im Naturhotel Forsthofgut bricht Head Sommelière Katrin Halbwachs mit gängigen Weinkonventionen. Warum sie Branchengrößen von der Karte streicht und es den Gästen trotzdem an nichts fehlt, verrät sie im Interview.

Im Forsthofgut treffen verschiedene Gästetypen aufeinander. Wie schaffst du es, auf alle individuell einzugehen – auch was den Wein betrifft?
KATRIN HALBWACHS: Ich denke, da sind in erster Linie wir Sommeliers gefragt. Wir müssen den Gast abholen. Das wird in einem Haus wie diesem auch erwartet: Dass es da jemanden gibt, der eine entsprechende Weinkompetenz hat, um dich durch die Weinkarte zu führen. Natürlich braucht es auch gewisse Selbstläufer, aber die habe ich weitgehend minimiert. Es bringt nichts, wenn ich mitten unterm Jahr keinen Honivogl mehr bekomme. Dafür habe ich andere Weine derselben Kategorie, die genauso gut sind. Für mich gibt es sowieso nichts Schlimmeres, als in ein Restaurant zu gehen, in dem es die gleichen Weine gibt wie im Haus nebenan. Ich will auch mal was Neues trinken. Darum sind unsere Weinkarten auch anders kategorisiert, etwa in „Traubenfrauen“, „Junge Wilde“ und „Outside the Box“. In unserem japanischen Seerestaurant Mizūmi ist die Weinkarte nach Sinneseindrücken unterteilt, also in bitter, süß, salzig und so weiter. Wenn ich beispielsweise frittierte Frühlingsrollen essen, dann schaue ich unter oily nach, was dazu passt. So erreiche ich, dass der Gast auch mal was bestellt, was er noch nicht kennt.

  • Katrin Halbwachs
    Die 25-jährige Steirerin ist seit fünf Jahren im Naturhotel Forsthofgut im Salzburger Leogang tätig. Seit drei Jahren verantwortet sie als Head Sommelière vier Weinkarten: Darunter jene mit rund 650 Positionen im Hauptrestaurant und je eine weitere in den à la carte Restaurants 1617, echt. gut essen. und Mizūmi. Davor war sie Restaurant- und Cateringleiterin im Heiltherme Quellenhotel Bad Waltersdorf.

Wie intensiv stimmst du dich dafür mit der Küche ab?
KATRIN HALBWACHS: In unserem Haubenrestaurant echt. gut essen. funktioniert das so, dass wir ein 8-Gänge-Menü mit einer alkoholischen und einer alkoholfreien Getränkebegleitung anbieten. Jede Woche werden drei bis vier Gerichte ausgetauscht, die vom Service vorab verkostet werden. Dazu suchen wir dann die passenden Weine aus. Alkoholfrei ist ehrlich gesagt ein bisschen schwieriger, aber wir versuchen, dem Gast auch hier etwas Besonderes zu bieten. Unser Barchef hat einen alkoholfreien Gin hergestellt. Ich arbeite aber auch gerne mit Wurzelgemüse, Kräutern, Molke, Tees, Infusionen, Öl und Pulver, das ich mir aus der Küche hole. Kürzlich hatten wir zum Beispiel einen Drink mit Eierschwammerlpulver.

Das Haubenrestaurant echt.gut.essen: Für das Serviceteam stehen Gastgeberqualitäten im Vordergrund. Hasselblad H3D

Du hast außerdem ein Faible für Sake…
KATRIN HALBWACHS: Das stimmt. Ich hatte bislang schon eine Auswahl in unserem Haubenrestaurant, aber im Mizūmi treibe ich das Thema natürlich auf die Spitze. Wobei ich gerade dabei bin, die Karte umzustellen. Wir haben mit sehr klassischem Sake gestartet, den ersetze ich aber nach und nach mit eher untypischen Sachen. Sake muss man lieben lernen, man muss sich reintrinken und verstehen, was dahintersteckt.

Stichwort Frauen: Täuscht der Eindruck oder werden die Sommelières tatsächlich mehr?
KATRIN HALBWACHS: Frauen sind definitiv mehr geworden. Und das ist gut so! Ich finde wir haben ein anderes Gespür, ein anderes Feingefühl. Unser Geruchs- und Geschmackssinn ist auch ein bisschen besser ausgeprägt. Wobei man die Arbeit an sich mit früher nicht mehr vergleichen kann. Der Sommelier hat immer alles gemacht, er war gleichzeitig auch Restaurantleiter. Heute muss ich bei fast jedem Tisch eine Weinberatung machen und mir für Stammgäste nochmal zusätzliche Zeit nehmen, um zu plaudern. Mein Team besteht aus insgesamt sieben Personen, wobei vier von uns ausschließlich Sommeliers sind, die abends den Verkauf machen.

Das Forsthofgut in Salzburg zählt zu den besten Arbeitgebern in Österreich. PATRICK LANGWALLNER

Wie bist du zur Sommelerie gekommen?
KATRIN HALBWACHS: Eigentlich durch Zufall. Mir hat das immer schon getaugt, wenn ich dem Gast mehr bieten konnte. Wenn ich nicht nur auf Abruf da war, sondern proaktiv auf ihn zugehen konnte. Mittlerweile mache ich mir zu jedem Gast Notizen, damit ich beim nächsten Aufenthalt gleich weiß, welchen Wein er bevorzugt.

Internationales Publikum

Was braucht es noch, um den Job gut zu machen?
KATRIN HALBWACHS: Menschenkenntnis und Empathie. Beides kann man verbessern, aber nicht lernen. Und es ist wichtig, dass man sich nicht verstellt. Jeder in meinem Team soll so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Wir sind hier in Salzburg und haben ein internationales Publikum. Die Gäste mögen Dialekte. Er kann ein guter Einstieg sein in ein Gespräch, das über die Weinberatung hinaus geht. 

Wie bildest du dich weiter?
KATRIN HALBWACHS: Mir ist die Bindung zu den Winzerinnen und Winzern sehr wichtig. Wenn der Gast spezielle Fragen hat, dann rufe ich auch mal kurz an, die meisten sind ja eh 24/7 erreichbar. Es ist auch gut, wenn man mal hinfährt und im Frühjahr bei den ersten Arbeiten im Weingarten dabei ist, im Herbst dann bei der Lese und im Winter, wenn es im Keller interessant wird. Ich empfehle auch, oft auf Weinmessen zu gehen und sich mit anderen Sommeliers zu unterhalten; nachzufragen, wohin die Trends gehen. Man sollte sich aber nicht einlullen lassen, sondern immer seine eigene Meinung bilden.

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