Mehr Macht dem Welsch!

Top-Sommeliers: Mehr Macht dem Welsch!

Welschriesling ist in aller Munde. Im Zuge einer Verkostung von Welschrieslingen der Eisenberg DAC Winzer:innen fragten wir bei den Top-Sommelièren und -Sommeliers nach dem Potential des einstigen „Sommerweins“.

Welschriesling wurde gerne als Sommerwein abgetan. Wie ist eure Wahrnehmung?
SARA WEISSTEINER: Welschriesling ist natürlich mehr als bloß ein Sommerwein, ohne dabei je groß sein zu wollen. Guter Welschriesling bringt Säure und Struktur mit sich und verliert dabei nie seine Lebendigkeit. Für mich ist es ein Wein, der Trinkfreude verspricht, weil er belebend wirkt und Spaß macht.
MAXIMILIAN ZENZ: Da stimme ich zu. Welschriesling kann definitiv mehr. Mich begeistert, wie vielseitig diese Rebsorte sein kann, von einer durch Zitrusfrüchte geprägten Aromatik bis hin zu richtig großartigen, fast burgundisch anmutenden Weinen.

Sara Weissteiner (27): Aufgewachsen in Südtirol, Italien, lebt Sara Weissteiner seit 2019 in Wien, wo sie anfangs in Speciality Coffeeshops und als Bartenderin arbeitete. 2022 wechselte sie in die Naturweinbar Loup-garou, wo sie seit der Eröffnung für den Service und die Weinkarte verantwortlich ist. Die Prüfung zur Diplom-Weinsommelière absolvierte Sara an der Associazione Italiana Sommelier.

Wie lässt sich Welschriesling am Gast gut verkaufen?
MAXIMILIAN ZENZ: Ich finde, das hängt mit dem Alter der Gäste zusammen. Ein jüngeres Publikum ist in der Regel offener, als ein älteres, konservatives, das Welschriesling als sauren Jausenwein abgespeichert hat. Darum ist es spannend, Gästen ab und an mal einen Welschriesling blind oder bei einem Menü in der Weinbegleitung auszuschenken.
SARA WEISSTEINER: Unsere Gäste sind generell sehr offen gegenüber allem und trinken eher Weinstile als Rebsorten. Deshalb war Welschriesling schon öfter unser Bestseller.
ELIAS JEDINGER: Das ist bei uns genauso. Auch wir haben das große Glück, dass unsere Gäste sehr unvoreingenommen sind, wenn es um spezifische Sorten geht. Da unser Fokus auf Natural Weinen liegt, gilt das Interesse vielmehr der Bewirtschaftung des Weinbergs und dem Ausbau des Weins. Unsere Gäste probieren gerne Neues bzw. Altes im neuen Gewand.
SARA WEISSTEINER: Wobei die Auswahl an Welschriesling im Naturweinsegment im Gegensatz zu anderen Rebsorten etwas begrenzt ist. Die Qualität ist dafür super.
ELIAS JEDINGER: Der Sommer-Welschriesling eignet sich aber auch perfekt für einen Natural Wein. Gehaltvollere, gereiftere Welschrieslinge sind in meiner Wahrnehmung gerade erst im Kommen, werden aber in Zukunft sicher auch im Natural Bereich sehr spannend werden.

Elias Jedinger (31): Gehört aktuell zum Team der The Wine Rebellion in Wien, einem Naturwein-Shop mit dazugehöriger Bar. Zuvor war er im Mochi in der Praterstraße als Service Supervisor tätig. Seine Ausbildung inklusive Jungsommelier-Kurs absolvierte Elias an der Tourismusschule in Bad Ischl, danach folgten Saisonstellen in Österreich und Deutschland.

Ist Welschriesling ein guter Speisenbegleiter?
MAXIMILIAN ZENZ: Definitiv. Man muss nur wissen, wo man ihn einsetzt. Ich finde ihn vor allem in der vegetarischen Küche toll. Zu einem frühlingshaften marinierten Salatherz mit Pilzfülle und Almrosenhonig oder einem geschmorten Frühkraut im Sellerie-Lauch-Sud eingebettet eignet er sich hervorragend.
SARA WEISSTEINER: Durch seine Säure und Mineralität passt Welschriesling auch perfekt zu Pasta, Pizza und Schmelzkäsegerichten. Also zu Sachen, die jeder mag. Damit ist er quasi ein Soulfood-Wein.

Maximilian Zenz (27): Der gebürtige Oberösterreicher und Diplom-Sommelier ist seit vier Jahren bei Andreas Döllerer als Chef de Rang und Commis Sommelier tätig. Seit zwei Jahren ist er zudem für die gesamte Kellerarbeit verantwortlich. Davor war Maximilian im Hotel Edelweiss Berchtesgaden und in Zell am See stationiert. PATRICK LANGWALLNER

Ihr habt kürzlich an einer Verkostung südburgenländischer Welschrieslinge teilgenommen. Euer Resümee?
SARA WEISSTEINER: Überraschend war, wie viel handwerkliche Qualität in jedem der Welschrieslinge steckt. Ich bin immer auf der Suche nach Low Intervention Wine und war deshalb eher etwas skeptisch zu Beginn der Reise. Eisenberg DAC ist aber weit davon entfernt, einfache, konventionelle Weine hervorzubringen. Mein Highlight waren auf jeden Fall die Riedenweine von Thomas Straka.
ELIAS JEDINGER: Es war faszinierend zu sehen, wie facettenreich Welschriesling sein kann. Für mich haben sich vor allem die schlanken, fruchtigen Exemplare besonders hervorgetan, das liegt aber an meinem persönlichen Geschmack. Ein besonderer Moment war trotzdem, als wir einen Welschriesling verkosten durften, der mich in seiner Opulenz und Cremigkeit an das Burgund erinnert hat. Das hätte ich der Sorte vorher nicht zugetraut.
MAXIMILIAN ZENZ: Ich habe mich vor der Burgenlandreise ehrlich gesagt nicht wirklich mit Welschriesling aus dem Südburgenland auseinandergesetzt, sondern eher mit Welschriesling aus der Südsteiermark und ich muss sagen ich war hellauf begeistert. Eine echte Überraschung war das Weingut Stubits. Sehr nette Winzerfamilie und super toller Welsch, besonders der Weißer Opal: super feine Würze, mineralisch, tolle lebendige Säure. Der Name lässt vermuten, dass es eine Cuvée ist, ist aber 100% Welschriesling. Der Grund für den Namen ist die leider weit verbreitete Ablehnung gegenüber Welschriesling. Ein weiteres Highlight war der 2020er Welschriesling Ried Ratschen aus dem Hause Krutzler. Sehr kraftvoller Charakter, fast burgundisch, einfach wow!

Welche Weißwein-Trends beobachtet ihr am Gast und wie passt Welschriesling da dazu?
MAXIMILIAN ZENZ: Der Trend geht eindeutig zurück in Richtung Klassiker, was dem Welschriesling und auch den anderen großartigen autochthonen Rebsorten, die wir hier in Österreich haben, zugutekommen wird – Gott sei Dank!
SARA WEISSTEINER: Das stimmt. Den Österreicher:innen wird immer bewusster, was ihr Land weintechnisch zu bieten hat. Außerdem geht der Trend wieder mehr zu Weinen, die gut gemacht und sauber sind und weg vom wilden Orangewein.
ELIAS JEDINGER: Das sehe ich auch so. Vor allem im Natural Bereich liegt der Fokus auf authentischen Weinen, die ein Ausdruck ihrer Gegend und des Winzers sind, der sie produziert. Im Bereich Weißwein tendieren viele zu eher schlanken, knackigen Weinen. Oft getragen von schöner Säure und Frucht oder auch klarer Mineralität. Welschriesling hat für mich daher auf jeden Fall Potenzial und ich freue mich darauf, in Zukunft mehr verkosten zu dürfen.

  • Rechnitz
    Welschriesling-Eldorado im Südburgenland
    Rechnitz liegt im Südburgenland an der Grenze zu Ungarn in geschützter Lage am Südhang des Geschriebensteins, den mit 884 Metern höchsten Berg des Burgenlandes. Die rund 60 Hektar Rebflächen sind kleinteilig strukturiert, von Streuobstwiesen und Hecken durchgezogen und von Wäldern umrahmt. Starke Fallwinde kühlen die Lagen und trocknen die Trauben, wodurch Botritis hier kaum ein Thema ist. Die mit Abstand wichtigste Rebsorte ist Welschriesling (22 ha), die auf kargen Schieferböden in Top-Rieden wie Prantner, Berngraben und Rosengarten wächst. Die Weine sind von besonderer Mineralik und Salzigkeit.

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