Die orange Verwirrung

Orange or not?

Wann ist ein Wein ein sogenannter Orange Wein? Und warum sorgt das österreichische Weingesetz sogar für noch mehr Verwirrung als für Aufklärung? Juliane Fischer versucht Klarheit ins orange Verwirrspiel zu bringen.

Parallelen zur (orangen) Weinwelt? Dieses Werk des österreichischen Künstlers Jakob Gasteiger erzählt keine Geschichten, es verweist auf nichts als sich selbst – nur die reine Selbstbezogenheit ist ihm gemein. (Die Albertina zeigt derzeit das Oeuvre von Jakob Gasteiger) Rainer Iglar

Oft begibt man sich in rauchige Gefilde und fühlt sich an Speck und Selchkammer erinnert. Dazu kommen manchmal herbe oder harzige Noten. Wir denken an Retsina, Altbier, Wacholder. Ergänzt von einer erfrischenden Frucht zum Beispiel Rhabarber, Pomelo und die Schale der Mostbirnsorten. Sauerkraut und Kombucha können einem auch unterkommen. Der Kräutergarten ist sowieso immer dabei. Manchmal geht es in Richtung Tee mit Kamille und Rooibos, dann wieder ist es frisch gemähtes Heu. Der Einsatz der Vollhefe bringt Pumpernikel und Schwarzbrotkruste in den Sinn. Und so weiter.

Verwirrt? – You’re not alone

„Der hat am meisten gestunken, aber ich steh auf das!”, entfuhr es der Sommelier- und Steirereck-Legende Adi Schmid bei einer gemeinsamen Verkostung. Manche Weine eröffnen eben gänzlich ungewohnte Genusswelten. Dann ist von „Diskussionsweine” die Rede, andere sagen „Alternativweine” dazu. Vom „Naturweinen” spricht jeder, obwohl man es nicht auf die Flasche schreiben darf. „Natural Wine” schon, aber nur, wenn der Wein aus biologischer oder biodynamischer Bewirtschaftung stammt. Der konventionelle Winzer muss stattdessen „Orange Wine” etikettieren. Moment, bedeutet das nicht maischevergoren? Kaum ein Weinthema birgt so viel Verwirrungspotenzial wie diese Begrifflichkeiten. Aber keine Sorge, you’re not alone.

Warum sich keiner auskennt? Nun, das österreichische Weingesetz empfiehlt die Zusatzbezeichnungen „Orangewein“ oder „orangewine“ bei Landwein, „der eine Trübung und eine oxidative Note” aufweist. Dann darf man auch Rebsorten und Jahrgang anführen, allerdings keine nähere Herkunftsbezeichnung als „Wein aus Österreich”. Steht auf einer heimischen Flasche also „Orange Wine” muss das gar kein Hinweis auf Maischevergärung sein. Eigentlich ist aber Orange Wine genau das: Weißweintrauben, die (wie sonst Rotwein) auf der Maische – also nicht direkt nach der Lese gepresst und als Traubensaft – sondern mit der Beerenschale vergoren. Sie gibt dem Wein die namensgebende Farbe. Apropos Farbe: Es handelt sich gewissermaßen um das Pendant zum Rosé, also dem nicht auf der Maische vergorenen Rotwein. Manchmal sind sogar die sogenannten Kämme dabei. Stielgerüst für Gerbstoffgerüst könnte man sagen. 

Wann ist ein Wein trüb und wann ist er orange?

Über die Herkunft der Trauben sagt das alles noch nix aus. Das Drumherum kann heißen: minimaler Eingriff des Winzers, aber auch konventionelle, mit Pestiziden behandelte Weingärten und Aromahefen und Schönungen. Maischevergorener kann im Beton-Ei, im Holzfass oder im Stahltank ausgebaut sein und reifen. Oder ganz archaisch in der Tonamphore.

Orange Wine steht also für ein Verfahren, in den meisten Fällen steckt dahinter naturnahe Arbeit: Viele Winzer, die mit Maischegärung arbeiten, tun das biologisch oder biodynamisch – die einzigen Siegel, die bei uns tatsächlich (EU-weite), die bei uns tatsächlich (EU-weite) Vorschriften bedeuten und kontrolliert werden. Aber auch Anhänger klassischer Weinbereitung kommen immer mehr auf den Geschmack und haben Maischegärungsversuche am Laufen.

Egal was auf der Etikette steht, diese Weine verlangen nach einem ganz neuen Vokabular. Die Vergleichsgrößen auf dem Aroma-Rad reichen nicht aus. Man entwickelt andere Referenzen, auf die sich Aussehen, Duft, Geschmack und Struktur beziehen. Vielleicht ist das auch der Grund, dass diese Weine besonders viel Spaß machen. Weil sie grundlegend anders sind. „Angaben wie „Naturwein“ sind bei sämtlichen Weinen nicht zulässig.” heißt es im Österreichischen Weingesetz. Und grundsätzlich gibt es für Naturwein keine genaue Definition. Am besten also nachfragen bezüglich Schwefel, Bewirtschaftungsform und Zertifizierung, Kellermitteleinsatz etc. 

In a nutshell

Im Österreichischen Weingesetz empfiehlt man die Zusatzbezeichnungen „Orangewein“ oder „orangewine“ bei Landwein, der eine Trübung und eine oxidative Note aufweist. Dann darf man auch Rebsorten und Jahrgang anführen, allerdings keine nähere Herkunftsbezeichnung als Österreich. Steht auf einer Flasche also „Orange Wine“, können sich Konsumenten leider nicht darauf verlassen, dass der Wein tatsächlich auf der Maische vergoren wurde. Mehr ist es eigentlich eine Bezeichnungsmöglichkeit für konventionelle Betriebe. 

Denn: Biologisch zertifizierte Betriebe dürfen bei diesem Weintypus die Zusatzbezeichnung „natural wine“ statt „Orangewein“ angeben. Bei diesen Weinen darf keine Anreicherung zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehaltes, keine Süßung und kein Zusatz von Weinbehandlungsmitteln außer Bentonit und schwefliger Säure erfolgen; der zulässige Höchstgehalt an schwefliger Säure beträgt 70 mg/l.

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