Komplexe Weine auch mit wenig Alkohol
Kommentar von Karl Fritsch: Kein großer Wein der Welt hat über 14 Volumenprozent Alkohol. Wie es uns gelingt, auch bei 12,5% vol. Komplexität und Tiefgang zu erzeugen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Der entscheidende Faktor ist Zeit. Die Natur hat alles im Griff – warum sollte ich ihr dazwischenfunken? Die Kunst des Weinmachens liegt meinem Verständnis nach darin, die Trauben bei der Weinwerdung zu begleiten. Und das gelingt uns am besten über die Biodynamie. Sie hilft uns, eine geringe Zucker-, aber hohe physiologische Reife zu erzielen.
Was das bedeutet? Dass die Frucht nach Frucht schmeckt und der Alkoholgehalt gering ausfällt. Selbst dann, wenn im Zuge des Klimawandels die Jahre wärmer und die Weine tendenziell kräftiger werden. Durch die biodynamische Bewirtschaftung schaffen wir es, dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Ohne Hilfsstoffe, aber dafür mit ausreichend Zeit.
Unseren Weinen hat es gut getan, noch länger auf der Hefe zu reifen, als sie es ohnehin schon dürfen. Schließlich ist die Hefe kein lästiges Nebenprodukt. In ihr liegt alles verborgen: die Vitalität, das Geschmacksbild. Je mehr der Wein davon mitnimmt, desto vielschichtiger und lagerfähiger wird er. Selbst mit „nur“ 12,5% vol. Wir sehen das nicht nur bei unseren eigenen Weinen, sondern auch bei den großen dieser Welt: Keiner davon übersteigt die 14% vol.-Marke.
Den Wein begleiten
Wie Wein zu schmecken hat, unterliegt immer dem Zeitgeist. Und im Ermessen des Verkosters. Das ändert sich. In eine Richtung, in der alles seine Berechtigung hat. Wer sich heute für Wein interessiert, hat ein enorm breites Angebot zur Verfügung, das das Ganze spannend macht. Es liegt an jedem selbst zu hinterfragen, wie der Wein produziert wurde und welche Schritte der Winzer gesetzt hat, um ein perfektes Material zu bekommen. Vermutlich wird die Zeit dabei häufig eine Rolle spielen. Denn wie heißt es so schön: Guter Wein wird gemacht, großer Wein passiert.
* Aufgezeichnet von unserer Autorin Sonja Planeta