Schubert: Auch im Beisl müssen wir innovativ sein

Die Eröffnung ist im März geplant: Gemeinsam mit dem Koch Julian Lechner bespielt Top-Sommelier Simon Schubert das mehr als hundert Jahre alte Wiener Wirtshaus „Reznicek“. Im Service werden noch Mitarbeiter*innen mit Gastgeber-Qualität gesucht.
Beisl statt Gourmet-Tempel – hattest du die Nase voll von Hauben und Sternen?
SIMON SCHUBERT: Überhaupt nicht. Es ändert sich mit dem neuen Lokal nur die Bühne – nicht aber der Anspruch. Da wie dort gilt es als perfekte Gastgeber aufzutreten und den Gästen ein außergewöhnliches Erlebnis zu bieten. Unsere Philosophie im Reznicek wird es sein, eine klassische Gastwirtschaft zu machen. Der Zugang ist niederschwelliger, der Fokus auf Geschmack und beste Produkt-Qualität bleibt aber hoch, halt mit weniger Firlefanz am Teller. Letztendlich ist egal, ob Gourmet oder Beisl – Qualität wird bei den Gästen immer gefragt sein.
Du zählst zu den besten Sommeliers des Landes, 2020 kürte dich der „Gault&Millau“ zum Sommelier des Jahres. Können wir davon ausgehen, dass uns im Reznicek eine spannende Weinkarte begegnen wird?
SIMON SCHUBERT: Natürlich wird der Wein eine große Rolle spielen. Dafür kennt man mich. Und das kann und soll auch im Reznicek zum Markenzeichen werden. Wir werden mit etwa 400 bis 500 Positionen starten, die Jahrgangstiefe wird ein wichtiges Thema sein.

Wie gelingt es, bei einer Neueröffnung und beim Start in die Selbstständigkeit ein so umfangreiches Weinangebot aufzubauen?
SIMON SCHUBERT: Ich habe das Glück, mein gesamtes Berufsleben mit tollen Winzern und Händlern zusammen gearbeitet zu haben. Daraus sind unbezahlbare Beziehungen entstanden, die ich jetzt sehr gut nutzen kann. Hier spielt gegenseitiges Vertrauen eine große Rolle. Miteinfließen in unseren Keller wird aber auch meine private Sammlung an Weinen, die ich mir über die Jahre aufgebaut habe.
Man liest oft von einem Wirtshaussterben. Sind solche Nachrufe verfrüht?
SIMON SCHUBERT: Das sogenannte Wirtshaussterben ist meiner Meinung nach darauf zurückzuführen, dass es in diesem Bereich selten Innovationen gab. Die braucht es aber auch in der Beisl-Kultur. Wir müssen dabei nichts Großartiges anders machen oder neu erfinden, nur verhaftet bleiben im ewig Alten geht auch nicht. Was gut gemacht wird, das bleibt bestehen. Und wir sind überzeugt, dass der Beisl-Charakter zu Wien dazugehört. Wesentlich dabei sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Personalnot wird zum bestimmenden Zukunftsthema einer ganzen Branche. Was ist falsch gelaufen?
SIMON SCHUBERT: Noch stärker als die Küche ist der Servicebereich davon betroffen. Ein Umdenken hätte schon vor Jahren stattfinden müssen, die Probleme sind auch hausgemacht. Faire Entlohnung und ein respektvoller Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden zu lange vernachlässigt. Jetzt stehen wir in der Branche vor einem riesigen Problem. Die Gastro wird immer ein Knochenjob sein und Zeit fordern. Und trotzdem kann es der schönste Job der Welt sein. Es gibt keine zweite Branche, die solche Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Es liegt an uns Gastronomen, es nun anders zu machen und den Mitarbeitern neben der fairen Bezahlung auch die notwendige Wertschätzung zu schenken. Zum Glück passiert in diese Richtung derzeit vieles.
Eine Bereicherung für jede Weinkarte
Was muss sich noch ändern?
SIMON SCHUBERT: Wir müssen akzeptieren, dass es bei den Jungen einen neuen Zugang zu einer Work-Life-Balance gibt. Aber ich glaube, dass bei jungen Menschen auch etwas anderes entscheidend ist. Und zwar die Perspektive, die man ihnen für diesen Job mitgeben kann. Was kannst du bei uns im Betrieb lernen und wie kann ich dir dabei helfen, deinen Weg zu machen? Am Ende sind wir Mentoren.
Welche Fähigkeiten braucht es für das Service?
SIMON SCHUBERT: Im Idealfall suchen wir Menschen mit Gastgeber-Qualitäten. Da braucht es ein Grundmaß an Aufmerksamkeit und Höflichkeit, natürlich auch die Leidenschaft für den Beruf und Hunger auf Lernen und Weiterentwicklung. Heute glauben viele, dass sie mit 20 Jahren schon alles gesehen, gegessen und getrunken haben. Man überschätzt sich gerne in diesem Alter – das ist aber gar nicht das Problem. Der Personalnot ist es geschuldet, dass viele zu jung in zu hohe Positionen kommen und damit dann verständlicherweise überfordert sind. Wir müssen den jungen Menschen die Zeit geben, dass sie sich entwickeln können.
Simon sucht Verstärkung im Service. Hier könnt ihr euch bewerben: schubert.simon@hotmail.com
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