Image der Gastronomie muss besser werden

Nach acht Jahren in absoluten Spitzenbetrieben in Europa und Asien ist Anna Sattler zurück in Österreich. In unserem Interview spricht sie über die Eigenheiten der Sternegastronomie und die Servicetrends der Zukunft.
Andere Länder, andere Servicekultur? Welchen Stellenwert hat die Gastgeberin/der Gastgeber im Ausland, auch im Vergleich zu Österreich?
ANNA SATTLER: Ich denke nicht, dass der Stellenwert länderabhängig ist. Er ist restaurantabhängig. Ich habe im Ausland nur in Sternerestaurants gearbeitet, da wurde uns immer eingetrichtert, dass sich jeder im Service als Gastgeber fühlen soll und entsprechend aufzutreten hat. Es ist aber auch die Wertschätzung seitens der Gäste eine andere.
- Anna Sattler
Zuletzt war Anna Sattler Managerin im 2-Sterne-Restaurant Jordnaer in Kopenhagen. Aber auch ihre anderen Berufsstationen sind nicht eindrucksvoll: Alain Ducasse at the Dorchester London (3*), Vie Montagne in Verbier und Alain Ducasse at Morpheus in Macau (2*).
Wie äußert sich das?
ANNA SATTLER: Der Gast, der ins Sternerestaurant geht, begegnet dem Service sehr offen, irgendwie mit einem anderen Respekt. Er lässt sich gut abholen und ist darauf eingestellt, dass jetzt gleich was passiert und die Abläufe vorgegeben sind. Das Schöne ist, dass man dem Gast dadurch eine ganz andere Erfahrung bieten kann.
Ist dir noch etwas aufgefallen?
ANNA SATTLER: Im Ausland ist die Gastronomie sehr männerdominiert. Ich war in London die einzige Frau im Service, in der Küche gab es kaum welche. Frauen waren primär als Hostessen angestellt. Eine Ausnahme ist das Noma in Kopenhagen. In Österreich ist mir das nicht so extrem aufgefallen. Vermutlich ist das eine Sache der Kultur.

Gibt es bestimmte Trends bei der Arbeit am Gast?
ANNA SATTLER: Das Service wird immer persönlicher, immer individueller. Meine Familie ist schon sehr lange in der Gastronomie tätig und wenn ich das mit früher vergleiche, dann geht man weg von diesem steifen Service. Den Gästen taugt das voll. In China war es zum Beispiel ganz offensichtlich, dass ich aus dem Ausland bin, da wurden dann viele Fragen zu meiner Person und Herkunft gestellt. Die Gäste wollen dich kennenlernen, mit dir über Essen und Wein plaudern und deine Meinung hören. Ich finde es gut, dass das Service da mitgeht.
Warum war oder ist dir Weiterbildung wichtig?
ANNA SATTLER: Ich kann gar nicht sagen, wie wichtig mir das war, ins Ausland zu gehen. Man lernt immer etwas und wenn es nur ist, wie man es nicht machen soll. Die negativen Erfahrungen sind genauso wichtig wie die positiven. Durch Reisen entwickelt man sich persönlich weiter, man lernt andere Kulturen, andere Menschen kennen. Man muss immer neugierig bleiben und die Dinge hinterfragen. Das möchte ich auch an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergeben, vor allem an die jungen. Es gehört so viel mehr zum Job des Gastgebers, als nur drei Teller zu tragen.
Was macht eine gute Gastgeberin bzw. einen guten Gastgeber aus? Was davon kann man lernen, was nicht?
ANNA SATTLER: Man sollte von Natur aus gerne unter Menschen sein. Wenn man ungern mit Leuten redet, ist das der falsche Beruf. Den Rest lernt man – die ganzen Abläufe, das Selbstbewusstsein. Ich habe mir viel von meinen Servicechefs abgeschaut, sie beobachtet und dann meinen eigenen Stil gefunden. Man muss ja auch authentisch sein. Eine gewisse Coolness wäre auch gut. In der Gastronomie ist kein Tag wie der andere, aber das macht den Beruf ja auch aus.

Wie bewertest du das Service in der Steiermark? Was läuft gut, wo gibt es Aufholbedarf?
ANNA SATTLER: Ich bin erst seit Anfang dieses Jahres wieder daheim und gerade dabei, mir ein Bild zu machen. Was den Sattlerhof betrifft, will ich das Servicelevel anheben. Ich war nicht acht Jahre lang weg, um alles gleich zu machen wie vorher. Generell sehe ich in der Steiermark sehr viel Innovationsgeist und ein gutes Miteinander. Das liegt vielleicht auch daran, dass vielerorts schon die junge Generation am Werk ist. Das Image der Gastronomie könnte allerdings besser sein. Das betrifft aber ganz Österreich. Die Jungen sollen einen lockeren Zugang zu Gastronomie bekommen und die Möglichkeit haben, sich auszuprobieren. Und wenn’s nur für ein Monat ist und man nachher weiß, dass die Branche nichts für einen ist. Wir müssen Freude und Begeisterung vermitteln.

Wie wird deine Rolle am Sattlerhof aussehen? Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen dir und der Küche?
ANNA SATTLER: Im Moment fragt wirklich jeder: „Und wie ist das jetzt mit deinem Papa, lässt er dich auch machen?“ Ja! Er ist so tiefenentspannt. Wenn er von einer Idee nicht überzeugt ist, dann sagt er das zwar, aber er lässt mich trotzdem probieren. Seine Meinung ist mir aber auch wichtig, mein Papa hat doch mehr Erfahrung. Mit meinem Bruder habe ich noch viel zusammengearbeitet. Er ist gerade nach Schweden gegangen. Ich denke aber, dass es passen wird, wenn er wieder da ist. Wir sind beide kreativ, wollen beide das gleiche. Aber natürlich, wenn zwei Personen mit so viel Ehrgeiz aufeinandertreffen, dann kann das auch zu Spannungen führen. Ich bin aber überzeugt, dass wir das super machen werden. Diesen „Krieg“ zwischen Küche und Service, den viele von früher kennen, gibt es meiner Meinung ja nach nicht mehr. Es ist mittlerweile so viel Austausch da, man versteht sich, schätzt einander, versteht, was die andere Seite macht. Das finde ich gut. Miteinander ist immer besser als Gegeneinander.