Bei der Ernte mit den Douro Boys

Der Fluß des Portwines und seine Douro Boys

 

Juliane Fischer

Unsere Autorin Juliane Fischer begleitete im September 2021 die Winzer des Dourotals bei ihrer Ernte. Warum 2021 eines der besten Jahre für Weißweine und Rosés aus dieser Region sein könnte und auch der Port dieses Jahres in die Geschichte eingehen könnte, schreibt sie hier.

Noch zwei Tage durchhalten, dann ist es für heuer geschafft. Die fehlenden Schlafstunden werden schon lange nicht mehr mitgezählt. Sechs Wochen Erntemarathon. 

Das Dourotal ist eines der wenigen Gebiete in Portugal ohne mäßigenden atlantischen Einfluss. Der Sturm braust ziemlich durch. Er kommt von der spanischen Hochebene und verhindert, dass während der warmen Jahreszeit Regen ins Tal kommt. Von der anderen Seite schirmt das Marão-Gebirge etwas ab.

Niederschlag

Im vergangenen Jahr war es aber anders. Ungewöhnlich viel Niederschlag im Juni und dann im September – das drängte zur raschen Ernte. Die Winzer waren alarmiert. „Wir haben zur Sicherheit schon früher gelesen. Mitte September hatten wir 500 Milliliter, wo 150 normal sind”, sagt João Ribeiro, den man als lässigen Vertreter der nächsten Generation der Douro Boys beschreiben kann. Er ist ein Spross der Ferreiras und hat den geschäftlichen Teil über. Sein Vater gehört dem junggebliebenen Quintett der „Douro Boys“ an. 2003 fand sich die Truppe zusammen. Da ist der spontane Dirk Niepoort, der ein gutes Duo mit seinem Sohn abgibt, der kunstsinnige Hedonist Cristiano Van Zeller, der gerade sein Weingut neu aufstellt. Der quirlige und visionäre Miguel Roquette von der Quinta Crasto, der nur so sprudelt von Ideen für sein Hotelprojekt. Er führt das Weingut gemeinsam mit seinem Bruder Tomas und dem Önologen Manuel Lobo. Flussaufwärts trifft man die drei Geschwister auf der Quinta do Vale Meão.

João Ribeiro ist die nächste Generation der legendären Douro Boys. Juliane Fischer

João Ribeiro düst von der Stadt zum Weingut, um nach dem Rechten zu sehen, mit Kunden zu verkosten. Die luxuriöse Unterkunft ist von seinen Eltern dermaßen geschmackvoll eingerichtet, man fühlt sich von der ersten Minute an wohl. Besonders, wenn man alte Steinmauern und skandinavische Vintage-Möbel mag. „Das Wetter war immer extrem im Douro, aber jetzt ist es zusätzlich eben unsicher und überhaupt nicht mehr vorhersehbar“, sagt der Mitdreißiger als in den schicken dunkelgelben Geländewagen steigt. 

Bis zu den ersten Oktobertagen schließen die meisten ihre Ernte ab. Wir ruckeln zum Ernteabschluss. Hinter dem Geländewagen steigt eine Staubwolke in die Luft. Der Boden ist trocken, mittags heizt die Sonne noch herunter, am Morgen ist es schon taufrisch. Gestartet hat die Lese auf der Quinta do Vallado am 15. August, auf der Quinta do Crasto am 23. August.

In den Spitzenzeiten werken insgesamt 60 Leute auf der Quinta do Vallado. Acht Leute bilden das Kernteam, zur Lese kommt ein Duzend Arbeiter dazu. Es sind brasilianische Saisonarbeiter, Studenten, aber traditionell sind die Frauen die Meisterinnen beim Trauben runterschneiden und ausputzen – wobei mittlerweile eine zweite Kontrolle auf dem Förderband vor dem Keller passiert. Sie haben jedenfalls jahrzehntelange Erfahrung. Die Männer tragen die 20-Kilo-Kisten zum Anhänger. 

Unsere Autorin Juliane Fischer begleitete 2021 die Ernte im Dourotal.

Der Weingarten ist mit der häufigsten Rebsorte, Touriga Nacional bepflanzt, erlaubt sind im Gebiet annähernd 200 autochthone Rebsorten. „Syrah, Pinot Noir, Cabernet Souvignon findet man bei uns nicht. Die Hälfte machen Tinta Barroca und Touriga Franca aus“, sagt Ribeiro. Weitere Rote sind: Tinta Amarela, Tinta Barroca, Tino Roriz (Tempranillo), die bedeutendsten Weißen: Encruzado, Esgana Cão, Gouveio. Miguel Roquette von der Quinta der Crasto – der Surfer Boy der Winzergruppe – setzt wieder viel als Gemischten Satz aus. Direkt unter seinem Weingut mit Infinity Pool und spektakulärer Aussicht über das Tal. 

Noch ein Ortswechsel führt uns zu Cristiano Van Zeller, der seinen Betrieb aufbaut. Er schaut am Vormittag bei einem Kollegen vorbei. Dort werden seine Trauben in Lohnarbeit verarbeitet bis er sein Unternehmen auf neue Beine gestellt hat. Die Basis: uralte Rebstöcke, der Fokus: Portwein. Der ist in den letzten Septembertagen dran. Alles andere haben die Winzer vom Douro dann schon im Keller. Beim Portwein will man möglichst will Farb- und Gerbstoffe aus der Beerenschale. Beschleunigt wird das Ganze von Menschenhand, beziehungsweise -fuß, mittlerweile erledigt das aber auch immer öfter ein Roboter. Das Stampfen jedenfalls wirkt wie ein Booster für den Extraktionsprozess, es ist eine sehr intensive, rasche und aber schonende Mazeration. Der Fuß zerquetscht den Traubenstiel oder einen Kern nicht. Das Unterheben passiert mit dem Holzstößel, die hier Macaos heißen. Und die Granitbecken, die manchmal noch im Einsatz sind, nennt man Lagares. Zwei junge Mitarbeiterinnen kommen zur Kontrolle. Sie messen die Dichte. 

Cristiano Van Zeller: Er stellt sein Weingut gerade neu auf. Juliane Fischer

João Ribeira kommentiert: „Man will von allem viel: Zucker, Alkohol, Zeit in der Flasche.” Dabei sei das Dourotal eine Old School Weinregion. Er schätzt, dass 90 Prozent in den ersten Jahren getrunken werden. Das ist schade. Unter den Douro Boys selbst ist das natürlich nicht so. Sie übertrumpfen sich in gut Gereiftem. 

Die Niepoorts lagern diesen Schatz direkt in Porto und zwar auf der anderen Flußseite. Zur Vila Nova de Gaia gelangt man zum Beispiel über die beeindruckende Ponte de Louis Brücke. Dort sind die riesigen Lagerkeller der Portweinhäuser. Vom Ufer steigt man steil den Nordhang hinauf. 

Bis zum EU-Eintritt Portugals 1986 mussten hier alle Portweine reifen, abgefüllt und ausgeliefert werden. Heute ist dies überall im Dourotal in den Weingütern selbst erlaubt. Damals kamen auch die trockenen Weißweine dazu. Pioniere waren Cristiano Van Zeller und Dirk Niepoort. Die wahre Vorreiterin des eigenen Weinausbaus war die widerspenstige Donna Antónia Ferreira, die sowohl die heutige Quinta do Vallado als auch die Quinta do Vale Meão gegründet hat. Sie weigerte sich schon damals, im 18. Jahrhundert ihre Weine zu liefern. Sie behielt sie für sich und ließ sie selbst reifen. 

Miguel Roquette führt das Weingut gemeinsam mit seinem Bruder Tomas und dem Önologen Manuel Lobo. Juliane Fischer

Zu den diversen Jubiläen überlegen sich alle Douro Boys etwas Besonderes. Sie füllen in ein großes Fass oder kreieren eine Spezialedition. 

Nachgefragt wie das Ergebnis 2021 wurde: „Die Weißweine und Rosés sind exzellent, frisch und intensiv fruchtig. Wahrscheinlich war es eines der besten Jahre für diese Weine. Die Roten zeigen sich eleganter und frischer – besonders jene, die man vor dem Septemberregen erwischt hat. Sie sind auch eine Spur leichtfüßiger”, vermeldet Francisco Ferreira von der Quinta do Vallado.

Und der Port? Es dürfte ein gutes Jahr für Tawnies und White Port gewesen sein, für Vintage dürfte es an Konzentration und Dichte fehlen. Manuel Lobo von der Quinta do Crasto betont: „2021 wird als Jahr der außergewöhnlichen Säure in die Geschichte eingehen“. Das würden extrem balancierte und sehr elegante Weine werden, meint er. 

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