In seiner Familiengeschichte war Sesshaftigkeit nicht vorgesehen. Marcus Gruze ist freigeistig aufgewachsen und selbst etwas verblüfft, wie er die Brücke zu seinem heutigen Dasein am Längsee in der Nicht-Weinregion Mittelkärnten geschlagen hat. „Ich bin Bauer auf einer Polyfarm, habe Tiere als Mitarbeiter und produziere Lebensmittel, u.a. Wein.“ Die Offenheit der Welt gegenüber, ist sie auch noch so klein, ist ihm nicht abhanden gekommen. Große und kleine Kreisläufe bestimmen ebenso sein Tun wie energetische Konstellationen von Ameisen, Bienen, Schafen und Pferden. Ökologische Traubenproduktion, Spontanvergärung auf der Maische, keine Schönung oder Filtration, so wenig Schwefel wie möglich sowie Verzicht auf technische Hilfsmittel, Zusatzstoffe oder Interventionen sind die Leitsätze seiner Produktion. 2008 begann er dort, wo er einst aufwuchs, mittlerweile geht alles gemeinsam mit Lebenspartnerin Uta Slamanig vonstatten.
Der Weingarten als Sprachrohr
Gelesen wird nur das, was der Winzer selbst gerne in der Obstschale am Küchentisch sehen möchte. „Die Rebsorte ist mir eigentlich komplett egal. Ich sehe Wein als Blut der Erde, weil er extrem von dem geprägt wird, womit er sich ernährt und wo er geatmet hat. Ich bin in diesem Kreislauf lediglich die Hebamme“, philosophiert Gruze, Der Weingarten habe für ihn die gesellschaftliche Aufgabe über Geologie, Kulturlandschaft und die Menschen ringsum Auskunft zu geben. „Und dennoch ist er nichts Spektakuläres. Wein ist die Spitze landwirtschaftlicher Veredelung, der wir feinstofflich besonders intensiv nachspüren“, so Gruze, der auf 540 Meter Seehöhe Burgundersorten ausbaut. Durchschnittlich 7000 Flaschen pro Jahr, mehr gibt’s nicht. „Das ist die Menge, die der Garten freiwillig abgibt.“ Die Demut vor der Schöpfung als steter Begleiter. „Wein ist ja auch kein Genussmittel, Wein ist Medizin.“