Es gibt wenige, die ein so fundiertes Wissen über Kompostierung haben wie Martin Obenaus: Um die Böden seiner 30 Hektar großen Weingärten in Glaubendorf, im Westen des Weinviertels, so lebendig und gesund wie nur möglich zu halten, setzt der Weinbauer auf eine eigens entwickelte Kompostwirtschaft. In einer Wurmfarm wird Gemüse zu hochwertiger Komposterde umgewandelt. Die hier erzeugten Mikroorganismen werden in einer Rührmaschine aktiviert und als Kompost-Tee in den Weingärten versprüht. „Damit halten wir das bakterielle Leben in den Böden sehr hoch und erreichen eine große Anzahl an unterschiedlichen Lebensformen“, sagt Martin. Das Resultat sind gesunde Böden, die wiederum für kraftvolle Reben und Energie geladene Weine sorgen.
Schon früh ist Martin Obenaus in den Weinbau seiner Eltern eingestiegen. Den ersten Wein hat er mit 17 Jahren gemacht, mit 18 den Keller von der Mutter übernommen. Das war 2007. Martin hatte gerade erst die Ausbildung abgeschlossen. In der Weinbauschule war „Bio“ im Unterricht nicht unbedingt positiv besetzt, erinnert er sich mit großer Verwunderung. Trotzdem hat er zuhause sofort begonnen, den Betrieb auf Bio umzustellen. „Es war ein schwieriges Unterfangen am Beginn, weil ich anfangs nicht verstanden habe, was da wirklich passiert.“ Der Boden erholte sich aber von der konventionellen Bewirtschaftung, das Leben kehrte in die Weingärten zurück. Selbst der zunächst skeptische Vater ließ sich am Ende überzeugen und ist heute glühender Verfechter – inzwischen sogar von der Biodynamik. 2014 wurde das Weingut auf bio umgestellt, seit 2020 ist man Demeter zertifiziert, inzwischen sorgen auch Schafe in den Weingärten für eine Kreislaufwirtschaft.
Über allem steht die Philosophie von Martin Obenaus, die sich mit dem Wort „Unchained“ beschreibt, das übersetzt so viel bedeutet wie „von den Fesseln befreit“ und heute als Synonym für das Weingut gilt. Denn nichts anderes macht der Weinbauer Martin Obenaus – er arbeitet sowohl im Weingarten wie auch im Keller losgelöst von allen Einschränkungen und Konventionen.
Das Sortiment ist mit drei Weinlinien und insgesamt acht Weinen ganz bewusst überschaubar. Die MO-Linie ist der Einstieg aus jungen Weingärten. Der Weiße wird in Edelstahltanks ausgebaut, die Roten kommen kommen in alte, große Holzfässer aus Eiche. Die Unchained-Linie bekommt mehr Zeit (mindestens 2 Jahre bis zum Verkauf) und wird auf der Maische ausgebaut. „Dank ihrer naturbedingten Harmonie sind die Unchained-Weine ein Spiegelbild der Böden, Rebsorten und des Klimas in meiner Region. Unverfälscht, mit Ecken und Kanten, entkettet – unchained“, sagt Martin. Die dritte Linie nennt sich „Holz&Stein“ – lange Gereiftes aus alten Weingärten, das sowohl im Granit als auch im Holz ausgebaut wird. Spannend die Stilistik: Im Stein bekommt man straffere Weine, weil sie nichts vom Gebinde annehmen, und trotzdem einen Sauerstoffaustausch haben, weil Granit nicht vollkommen abdichtet.
Das aus den Ketten losgelöste Unchained-Denken ist etwas, das die gesamte Familie aus Überzeugung lebt. Fleisch, das gegessen wird, stammt aus der eigenen Jagd und wird von Martin oder seiner Mutter selbst geschossen. Nose-to-tail lautet das Credo. Gemüse wird für die Eigenversorgung selbst angebaut. Nur Brot und Milch wird von den Bauern aus der Region zugekauft. Ehrlicher kann man seine Überzeugung nicht leben. Das ist spürbar und am Ende auch schmeckbar. Unchained.