Kompromisse kommen für diesen Winzer nicht in Frage
Ein Lokalaugenschein von Top-Sommelier Christian Zach am Ermihof, dem Weingut der Familie Schnabel.

Kein anderer Winzer in Österreich hat diesen Mut! Kein anderer arbeitet in der Vereinigung S.A.I.N.S. so kompromisslos nachhaltig. Alle erzählen wie nachhaltig sie sind. Karl Schnabel ist es wirklich.
Lage Kreuzegg: Akaziensäulen statt Beton

Wir fahren gemeinsam mit dem Bus in die Weingärten. Der Inselberg ragt hervor. Er ist kalkfrei – der Beleg dafür, dass man heute weiß, dass dieser Berg eine Insel war. Silikatisches Urgestein. Angekommen in der Lage Kreuzegg besichtigen wir den ersten Weingarten.
Sofort fallen einige markante Dinge auf: hohes Gras in mitten der Reihen, Akaziensäulen statt Beton oder verzinktem Blech. Ein perfekter Weingarten, der absolut nicht den konventionellen Weingärten entspricht. Eine Vielfalt an Insekten, Faltern und Tieren. Der Boden ist nicht so verdichtet, das sieht man auf den ersten Blick.

Die Blätter wurden kürzlich gespritzt, per Handspritze mit Gesteinsmehl (Kaolin) und Schwefel. Karl erklärt uns von seiner aufwendigen Handarbeit im Weingarten. Neben dem Weingarten beobachten uns drei Kühe, die in einem separaten Lebensraum ihr Leben genießen dürfen. Insgesamt 13 Kühe/Rinder, Karls Heiligtümer, leben an verschiedenen Plätzen im Sausal. Für Karl selbstverständlich: alle Kühe haben Hörner! Das gemähte Gras wird den Kühen und Rindern zugeführt. Daraus entsteht wertvolles Fleisch. Fließwasser? Fehlanzeige. Wasser bringt Karl seinen Kühen mit Vorratsbehältern.
Kostspielig, mühsam, aber alles, um auch seinen Grundsätzen eines lebendigen Hoforganismus gerecht zu werden. Dass die jungen Weinanlagen mit Karsthaue rund um den Rebstock bearbeitet werden, um die Wurzelbildung in die Tiefe zu zwingen, ist einzigartig. Viele WinzerInnen machen das mit Traktoren bzw. mit einem Bodenbearbeitungsgerät. Das funktioniert auch, allerdings nur vertikal, nicht rund um den Stock. Durch Karls Maßnahmen wurzeln die Stöcke tief und sind in Zukunft auch bei Wasserarmut ausgeglichen. Der Kuhmist wird am Koregg kompostiert. Nur eigene Kompostpräparate, Hornkiesel und selbst erzeugte Tees werden ausgebracht.
Lage Hochegg: Blaufränkisch, Zweigelt & Pinot Noir

Weiter geht’s mit dem Bus zum Ursprung der Schnabelschen Familienhistorie. In der Lage Hochegg steht ein kleines Wirtschaftsgebäude, das Karls Vater errichtet hat. Unser zweiter Weingarten, den wir heute durchwandern. Wir beginnen beim Riesling. 500 Stöcke stehen hier. Der Großteil der Weingärten ist allerdings mit Rotwein bestockt: Blaufränkisch, Zweigelt & Pinot Noir. Ein Teil des Weingartens ist schon gemäht, der andere Teil kaum als Weingarten zu erkennen. Gras, Fichten, Birken und sogar Nussbäumchen stehen in den Zeilen, die Rebstöcke teils fast nicht sichtbar.
Karl demonstriert, wie er unter den Rebstöcken mit der Sense mäht. Ganze 40 (!) Kilometer legt er zurück, wenn der gesamte Weingartenbestand gemäht wird. Ich bin schon fast ein bisschen eingeschüchtert, wenn man sieht, welchen Aufwand Karl betreibt. Die Lage Hochegg liegt auf über 550 Meter. Urgestein, sehr luftiger Boden. Das Urgestein ist rot, die Humusauflage etwas höher. Die Weinstöcke haben ca. 20 Jahre am Buckel. Die Ausrichtung des Weingartens unterscheidet sich ein wenig von der Lage Koregg. Der Hochegg ist in den Süden ausgerichtet und man sieht hinunter auf den nahegelegenen Koregg. Beide Lagen eingerahmt vom Demmerkogel.
Lage Koregg: Weniger Humus, mehr Silikat

Es geht weiter zur Lage Koregg. Wie der Name schon erahnen lässt, ist diese Lage karger. Weniger Humus, mehr Silikat. Das Urgestein grau/blau. Überall, wo man hinschaut, wächst auch Thymian. Eine Wasseroase mitten im Weingarten. Ausgerichtet Richtung West, Süd-West. Die vielen Schlangen, Schlingnattern und Wassernattern kümmern sich um die Wühlmäuse. Bei einem der vielen Gesteinshaufen finden wir eine Haut einer Schlange als Beweis der häufigen Vorkommnisse. Karl erzählt uns viel, sehr viel. Alles, aber keine Märchen! Seine Argumente untermauern sein Wirken und jedes Wort findet in der Natur seinen Beweis.
Dass die benachbarten Weingärten mit Herbizid bewirtschaftet werden, tut in Anbetracht der lebendigen Weingärten, die wir hier erleben, doppelt so weh. Ja, und wenn man weiß, wem die Weingärten gehören, dann wundert man sich: Denn Menschen, die naturnah, biologisch nur als Marketing benutzen, gibt es zu Genüge. Wirklich umsetzen tun es die wenigsten. Als wir abschließend im Weingarten noch eine Flasche Silicium 2018 trinken, wird uns gänzlich bewusst, wie außergewöhnlich diese Familie ist. Plötzlich wird mir klar, wie einfach ich es mir mache und wie gerne ich auch so rigoros wäre wie der Karl.
Mein Fazit

In Anbetracht der Tatsache wie diese Weine hergestellt werden, steigt die Wertschätzung weiterhin. Dass die Weine grandios sind, wissen wir. Sie sind großartig, bekömmlich, einzigartig und steirisch! Und das ist alles, was zählt. Vegan sind sie übrigens auch, aber das wiederum ist mir “wurscht”.